Der Online-Handel macht immer wieder Negativ-Schlagzeilen mit seinem Umgang mit Retouren. Das Problem: Viele große Händler bereiten günstige, retournierte Produkte nicht wieder auf, sondern vernichten sie – schlichtweg, weil es so günstiger für sie ist. Das ist auch der Bundesregierung ein Dorn im Auge. Der NDR berichtet jetzt, dass die Regierung in 2020 eine sogenannte Obhutspflicht einführen will. Darauf sollen sich Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesumweltministeriums geeinigt haben. Was kommt auf Shop-Betreiber zu?
So gehen Händler Retouren derzeit an
Insbesondere Amazon steht immer wieder im Fokus der Kritik, wenn es um den Umgang mit neuwertigen Produkten geht. So soll der Versandhändler vom Logistikzentrum im niedersächsischen Winsen an der Luhe in der Vorweihnachtszeit ein bis zwei Mal die Woche einen Container mit unbenutzter und nicht verschickter Neuware zu einer Müllverbrennungsanlage in Hamburg befördert haben. Dabei handelte es sich nicht um Retouren, sondern um Artikel von Drittanbietern, die diese nicht zeitnah verkaufen konnten. Dabei war es für sie teurer, die Produkte als Ladenhüter zu behalten, als sie zu entsorgen. Amazon übernahm dann die Entsorgung gegen eine kleine Gebühr.
Das sagt Amazon zur Warenvernichtung
Amazon bestreitet die Warenvernichtung in seinem Logistikzentrum nicht. Der Konzern verweist darauf, dass man daran arbeite, weniger Produkte entsorgen zu müssen. Dafür arbeite man mit gemeinnützigen Organisationen zusammen.
Zudem testete Amazon in letzter Zeit alternative Wege, um Retouren kostengünstiger zu verarbeiten. So berichten einige Kunden davon, dass sie Produkte nicht zurückschicken sollten, obwohl sie diese retournieren wollten. Amazon ließ sie die Artikel behalten und überwies ihnen das Geld zurück. Das machte der Versandhändler vor allem bei Artikeln unter 20 Euro. Die Rechnung dahinter ist einfach. Derzeit kostet Amazon eine Retoure rund 10 Euro. Bei günstigen Produkten lohnt es sich daher, Kunden diese behalten zu lassen.
Was soll die Obhutspflicht vorschreiben?
Die neue Obhutspflicht soll Händler per Gesetz dazu verpflichten, anders mit Retouren umzugehen. Auf diese Weise will die Bundesregierung die Warenvernichtung begrenzen. So sollen Händler künftig ihre Produktion stärker an der Nachfrage ausrichten. Und: Transport und Aufbewahrung neuer Produkte sollen Händler so gestalten, dass diese länger nutzbar bleiben.
Dabei soll die Obhutspflicht vorschreiben, dass Händler Produkte erst vernichten dürfen, wenn ein Verkauf oder eine Spende rechtlich oder technisch nicht mehr möglich ist oder es ihnen wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Damit soll die Warenvernichtung zur allerletzten Option werden.
Um das besser kontrollieren zu können, sollen Händler durch die Obhutspflicht dazu verpflichtet werden, die Warenvernichtung transparenter zu gestalten. Das Bundeskabinett will das neue Gesetz Anfang des Jahres beschließen.
Versandhändler Otto als Vorreiter
Der Versandhändler Otto versucht bereits durch eigene Ansätze, seine Retourenquote zu senken. Dabei zeigt er beispielsweise in seinem Onlineshop den Hinweis „der Umwelt zuliebe“ an, wenn Verbraucher ein Kleidungsstück gleich in mehreren Größen in den Warenkorb legen. Auf diese Weise will das Unternehmen Kunden für unnötige Retouren sensibilisieren. Daneben hat Otto die Angaben zu seinen Artikeln präzisiert. Kunden sollen so einfacher das richtige Produkt finden können.
Wie gut diese Maßnahmen funktionieren, weiß Otto noch nicht genau. Es liegen noch keine konkreten Zahlen vor. Der Konzern sprach jedoch davon, dass er seine Retourenquote signifikant senken konnte.