Das Widerrufsrecht erlaubt es Online-Kunden, Ware ohne Begründung innerhalb von 14 Tagen an den Verkäufer zurückzuschicken. Insbesondere im Fashion-Segment haben daher einige Onlineshops mit hohen Retourenquoten zu kämpfen, die enorme Kosten verursachen. Die Sperrung von Kundenkonten durch Amazon aufgrund zu hoher Rücksendequoten hat jedoch einen Sturm der Empörung losgetreten, der nicht nur wütende Konsumenten zurückgelassen, sondern auch die Verbraucherzentrale auf den Plan gerufen hat, die Amazon zunächst abmahnte und nun verklagen will. Dabei ist Amazon nicht das einzige Unternehmen, das Kundenkonten sperrt. Auch Tchibo und Schwab haben ihre Kunden in Einzelfällen wegen zu vieler Retouren mit einer Kontosperrung abgestraft. Wie sieht es jedoch mit der Zulässigkeit von Kontosperrungen aus? Können Online-Händler ohne Vorwarnung Kundenkonten sperren, ohne damit das Widerrufsrecht der Verbraucher einzuschränken?

Widerrufsrecht versus Vertragsfreiheit

Grundsätzlich gewährt das Widerrufsrecht Kunden, Ware innerhalb einer bestimmten Frist an Online-Händler ohne Angabe von Gründen zurückzuschicken. Die Ausübung des Widerrufrechts könnte jedoch durch die Gefahr einer Kontosperrung eingeschränkt sein, da bei Verbrauchern die Angst vor einer Sperrung geschürt wird und diese so auf das ihnen zustehende Rückgaberecht vorsichtshalber verzichten könnten. Dieses Inaussichtstellen einer möglichen Strafe bei Gebrauch des Widerrufrechts ist jedoch unzulässig. Verbraucher müssen ihr Rückgaberecht aus freien Stücken ausüben können. Daher ist es nicht rechtmäßig, dass Kunden auf einen Widerruf verzichten, weil sie eine Strafe, in diesem Fall eine Kontosperrung, befürchten müssen.

Auf Händlerseite besteht jedoch der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Danach dürfen Webshop-Betreiber frei darüber entscheiden, mit welchen Kunden und unter welchen Bedingungen sie Verträge schließen wollen. So könnte es also Online-Händlern erlaubt sein, Konten zu sperren, wenn ihnen durch eine Zusammenarbeit mit bestimmten Kunden zu hohe Kosten entstehen. Fraglich ist, inwieweit Unternehmen ihr Recht auf Vertragsautonomie ausüben dürfen, ohne dass sie damit das Widerrufsrecht der Verbraucher einschränken. Problematisch in diesem Kontext ist die unklare Regelung der Händler bezüglich Kontosperrungen. Wann und unter welchen Umständen droht Kunden eine Kontosperrung? Die von Amazon, Tchibo und Co. ausgesprochenen Sperrungen verwiesen lediglich auf eine zu hohe Retourenquote. Für eine rechtliche Einordnung reichen diese Angaben nicht aus, um klären zu können, ob Händler lediglich ihre Vertragsfreiheit ausüben oder damit auch in das Widerrufsrecht der Verbraucher eingreifen. Daher bleibt es abzuwarten, wie ein Gericht die Kontosperrungen bewertet.

Alternativen zur Kontosperrung

Welche Alternativen könnten Online-Händler nutzen, um erst gar nicht auf so rigide Maßnahmen wie Kontosperrungen zurückgreifen zu müssen? Zahlreiche Onlineshops setzen auf eine Prävention von Retouren, indem anschauliche Produktfotos und Videos im Webshop zum Einsatz kommen, die Kunden ein möglichst authentisches Bild vermitteln sollen. Bekleidungsunternehmen setzen immer häufiger auf virtuelle Umkleidekabinen und Laufstegvideos, um über Größen und Farben der Textilien möglichst genau aufzuklären. Auch der Einsatz von Gutschriften für jede behaltene Ware ist eine kundenfreundliche Maßnahme, die Verbraucher von einer Retoure absehen lassen kann. Funktionieren präventive Maßnahmen nicht, könnten Online-Händler Kunden zunächst kontaktieren und sie auf ihre hohe Retourenquote aufmerksam machen oder verwarnen, bevor sie tatsächlich Kontosperrungen vornehmen.

Möglicherweise müssen sich jedoch Händler mit Einführung des neuen Verbraucherrechts im Juni dieses Jahres gar nicht mehr mit Kontosperrungen beschäftigen, wenn Sie Kunden die Kosten für Rücksendungen auferlegen können. Sollten Webshops dann dennoch freiwillig die Retourkosten übernehmen, aber aufgrund zu vieler Rücksendungen Kundenkonten sperren, könnte dies anders als heute zu bewerten sein.