Während sich Online-Händler und Kunden noch nicht ganz einig sind, ob denn nun die möglichst schnelle oder die versandkostenfreie Lieferung zukünftig Priorität haben wird, zeichnet sich bei den Paketdiensten aktuell ein anderer Trend ab. Erste Logistik-Unternehmen wollen Ware nicht mehr bis an die Haustür ausliefern, sondern Kunden dazu bewegen, sich die Pakete in Shops selbst abzuholen.

Hintergrund für dieses Umdenken sind die hohen Kosten, die für die Paketdienste entstehen, wenn Päckchen im ersten Versuch nicht zugestellt werden können, weil der Kunde nicht zuhause ist, und daher ein zweiter oder gar dritter Zustellversuch vorgenommen werden muss. Die Entwicklung des Paketmarktes in den letzten Jahren zwingt die Anbieter zu einer Umstrukturierung. So ist der deutsche Paketmarkt allein in den Monaten Januar bis Juni 2013 um 3,8 Prozent gewachsen. Dabei stieg sowohl die Zahl der im Inland verschickten Pakete als auch der Sendungen, die einen Absender oder Empfänger im Ausland aufweisen.

Paketdienste planen Ausbau des Paketshopnetzwerks

Der Paketdienst GLS hat bereits konkrete Pläne, wie die Kunden-Selbstabholung aussehen soll. Zunächst sollen zahlreiche neue Paketshops in Deutschland entstehen, die die Ware für die Kunden eine Woche lang aufbewahren. Paketshops werden dabei wie bisher in Kiosks, Reinigungen,  Schreibwarenläden und weiteren kleinen Lädchen entstehen. Verbraucher sollen bei der Online-Bestellung dann bereits angeben, wohin das Paket geliefert werden soll. DPD hat ähnliche Pläne für die Zustellung von Paketen. Neben einem Ausbau des Paketshopnetzwerks zieht man in Erwägung, die bisherigen drei Zustellversuche an der Haustür des Kunden auf einen zu reduzieren. Ist dieser Versuch nicht erfolgreich, sollen sich Kunden ihr Paket in einem der Shops selbst abholen. Inwiefern ein groß angelegter Ausbau der Zahl der Paketshops für alle Paketdienste möglich ist, bleibt abzuwarten, da nicht nur GLS und DPD dazu Pläne haben, sondern auch weitere Paketdienste wie DHL und United Parcel Service. Die Konkurrenz ist also groß.

Vorbild Paketdienste in Skandinavien

Während hier in Deutschland Kunden verwöhnt sind und eine Lieferung online bestellter Ware bis an die Haustür erwarten, sieht der Service in anderen Ländern weniger verbraucherfreundlich aus. In Schweden, Dänemark und Finnland ist es so beispielsweise üblich, dass sich Kunden Online-Bestellungen in Paketshops selbst abholen, nachdem sie über den Zustelltag informiert wurden. Eine Zustellung bis an die Haustür können Kunden nur gegen einen Aufpreis wahrnehmen. In Schweden kostet das doppelt so viel wie die Lieferung in einen Paketshop. An diesem Modell dürften sich auch die deutschen Paketdienste zukünftig orientieren.

Umsetzung der Kunden-Selbstabholung

Paketdienste sehen in der elektronischen Kommunikation den Schlüssel zur Zustellung von Paketen. Email-Adressen und Handynummern der Kunden würden die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Lieferung beim ersten Zustellversuch stark erhöhen. Laut Statistiken würde die Ablieferungsquote dann bei ca. 90 Prozent liegen. Ob aufgrund der allgegenwärtigen Datendebatte Kunden jedoch freiwillig weitere Kontaktdaten herausgeben würden, ist fraglich. Dennoch planen Logistik-Unternehmen, in Zukunft Kunden eine Stunde vor Paketzustellung zu informieren, um so einen zweiten oder dritten Zustellversuch zu vermeiden. Vorbild ist auch hierbei ein Konzept, das bereits im Ausland erfolgreich funktioniert. In Großbritannien können Verbraucher mittels Follow my Parcel ihr Paket auf Google Maps verfolgen. 15 Minuten vor Ablieferung werden Kunden dann per SMS oder Whatsapp benachrichtigt, dass der Paketdienst gleich da ist. Mitte 2014 soll dieses Extra auch in Deutschland zum Einsatz kommen.

Um sowohl für Kunden als auch für Paketshops die neue Form der Lieferung attraktiv zu gestalten, muss sich einiges am Ablauf der Paketabholung ändern. GLS will daher die Abholung auf ein zeitliches Minimum reduzieren. Drei Minuten sind dabei als Wert angedacht. Weiterhin sollen Papier und Computerscanner durch Tablets ersetzt werden, um den Abholvorgang zu beschleunigen und den Betreibern, denen eine hohe Zahl von Selbstabholern droht, die Arbeit zu erleichtern.