Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken, besser bekannt als das Anti-Abzocke-Gesetz, hat am 20. September den Bundesrat passiert und wird somit demnächst in Kraft treten. Wo sind Verbraucher künftig besser geschützt?

Anti-Abzocke-Gesetz: Unerwünschte Telefonwerbung

Der erweiterte Verbraucherschutz soll verstärkt vor unerwünschter Telefonwerbung schützen. Gesetzlich verboten sind derartige Anrufe ohnehin, in der Praxis halten sich jedoch nur wenige Unternehmen daran. So schließen Verbraucher insbesondere übers Telefon oft unbewusst Verträge. In den meisten Fällen werden Verbraucher dabei telefonisch für Gewinnspiele kontaktiert, in dessen Rahmen dann Verträge abgeschlossen werden. Das neue Gesetz verhindert diese beiläufig, unbewusst geschlossenen Verträge, indem diese nur noch schriftlich geschlossen werden können. Eine vom Verbraucher am Telefon mündlich gegebene Zusage gilt somit nicht mehr als gültige Willenserklärung, so dass nur Fax oder E-Mail einen Vertragsabschluss besiegeln können. Das neue Gesetz gegen unerwünschte Telefonwerbung soll Verbraucher also davor schützen, Gewinnspielverträge einzugehen, die sie entweder so nicht schließen wollten oder dessen langfristigen finanziellen Folgen sie nicht überblicken können. Damit Unternehmen unerlaubte Werbeanrufe zukünftig unterlassen, wurden auch die Sanktionen verschärft. So kann die Bundesnetzagentur bei einem Verstoß ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro verhängen. Bisher lag die Strafe bei maximal 50.000 Euro. Neu im Anti-Abzocke-Gesetz ist dabei auch, dass nicht nur Werbeanrufe von Menschen also gesetzeswidrig gelten, sondern auch Anrufe von Telefoncomputern.

Anti-Abzocke-Gesetz: Unzulässige Forderungen von Inkasso-Unternehmen

Weiterhin soll das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken unzulässige Forderungen von Inkasso-Unternehmen unterbinden.  Verbraucher werden oft mit Forderungen konfrontiert, die aus Verträgen resultieren, die sie im Internet oder am Telefon geschlossen haben sollen. Unternehmen beauftragen dann bei ausbleibender Zahlung der Verbraucher Inkasso-Unternehmen, um ihre Forderungen geltend zu machen. Da die Verträge jedoch unbemerkt geschlossen wurden, sind keine wirksamen Verträge zustande gekommen, so dass auch die Forderungen nicht existent sind. Zahlreiche Verbraucher zahlen jedoch direkt, obwohl die Aufforderungen schwammig formuliert sind und es nicht ersichtlich ist, um welche Forderung es geht und ob es sich dabei um eine berechtigte Forderung handelt. Forderungen, die von Unternehmen an Dritte weitergegeben werden, beinhalten häufig nicht den ursprünglichen Gläubiger, so dass die Unsicherheit Verbraucher zahlen lässt.  Das Anti-Abzocke-Gesetz schützt Verbraucher fortan vor derartigen Praktiken. Das Gesetz sieht nun vor, dass die Anschreiben der Zahlungsaufforderungen den genauen Forderungsgrund sowie das Datum des Vertragsabschlusses aufführen müssen und auf Nachfrage auch der ursprüngliche Gläubiger genannt werden muss. So können Verbraucher auf einen Blick erkennen, ob eine berechtige Forderungen der Inkasso-Unternehmen vorliegt. Auch hier werden die Sanktionen bei Nichteinhaltung der Vorgaben verschärft. Das Bußgeld kann jetzt bis zu 50.000 Euro betragen, womit die Obergrenze um das Zehnfache angehoben wurde.

Anti-Abzocke-Gesetz: Abmahnungen durch Kanzleien

Ferner soll das Anti-Abzocke-Gesetz Verbraucher vor überzogenen Abmahnungen schützen. Aktuell werden Urheberrechtsverletzungen im Filesharing mit teils absurden Geldforderungen abgemahnt. Wie eine Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbz) gezeigt hat, wurden bisher bereits ca. 4,3 Millionen Deutsche ab 14 Jahren abgemahnt (Stand 2012). Dabei betrug die durchschnittliche Gebühr 800 Euro. 40 Prozent der abgemahnten Verbraucher zahlten diesen Betrag, so dass die Kanzleien insgesamt 165 Millionen Euro durch Abmahnungen einnahmen. Da Abmahnungen einen äußerst geringen Arbeitsaufwand für Anwälte darstellen, kann hier von einem durchaus lukrativen Geschäft gesprochen werden. Um gegen den Abmahnmissbrauch vorzugehen, hat das Anti-Abzocke-Gesetz jetzt den Streitwert auf 1000 Euro beschränkt, so dass nur noch Anwaltskosten in Höhe von 155,29 Euro entstehen können. Nur in Ausnahmefällen, wenn die geringe Gebühr nach den „besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist“, dürfen Kanzleien von den Verbrauchern mehr verlangen, was in den Augen von Verbraucherschützern jedoch nur unnötige Rechtsunsicherheit schafft und Anwälten ein Hintertürchen offen lässt.

Weiterhin müssen die Kanzleien nach dem neuen Gesetz detailliert aufführen, wofür die Abmahnzahlung geleistet werden soll. Sollten Verbraucher die Zahlung verweigern und es zu einer Klage durch die Kanzlei kommen, kann sich diese nicht mehr, wie bisher, das Gericht aussuchen, wo die Klage eingereicht werden soll, sondern muss diese immer am Gericht des Wohnsitzes des Verbrauchers einreichen. Bisher reichen Anwälte ihre Klagen meist bei den Gerichten ein, die in derartigen Fällen eher zu Gunsten der Kanzleien entscheiden.